Die Sprachen der Welt - Übersetzung

Das schwarze Loch (WWW)

Freitag, 1. Januar 2010

Teil 01.1 - 01.2010

Kapitel 01.1

2011
Januar
08:22 Uhr

Deutschland erstickte unter Schneemassen. In einem Waldstück nahe der Ostfriesischen Küste, stand ein silberfarbener Kombi mit verhängten Heckscheiben. Neben dem Fahrzeug standen zwei Männer, rauchen und unterhielten sich leise. Leichtes schneetreiben umhüllte sie dabei. Aus dem nahen Unterholz drangen keine Geräusche. Sie waren aber nicht die einzigen Personen, die an diesem eiskalten Morgen sich an Ort und Stelle befanden.
Einige Schritte entfernt parkte ein Streifenwagen der hiesigen Polizeiwache. Direkt neben diesem stand ein schwarzer BMW. In der Windschutzscheibe stand eine Signallampe. Grellleuchtende Scheinwerfer schickten ihr Licht in den Wald. Doch bei dem immer stärker aufkommenden Schneegestöber hatten sie keine so grosse Reichweite.
Der eine Raucher zog seinen Reißverschluß noch höher. Seine dicke Daunenjacke schützte ihn vor dem kalten Wind. Die Hände hatte er in Handschuhen verpackt. Mit unförmigen Bewegungen zog er an der Zigarette, als zwei uniformierte Beamte vor ihnen auf den Weg traten. Ihre Jacken waren auch bis obenhin zugezogen. Die Kragen ihrer Jacken standen senkrecht. Mit tief ins Gesicht gezogener Mütze gingen sie auf beide Raucher zu. Unter ihren Schuhen knirschte der Schnee. Mit langsamen schritten kamen sie näher. Einer von beiden rutschte auf einem, unter dem Schnee liegenden, Ast aus und verlor das Gleichgewicht. Mit rudernden Armen fiel er blindlings in den Schnee und stieß dabei heftige Verwünschungen aus. Sein Kollege konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen und reichte seinem am bodenliegenden Partner die behandschuhten Finger. Dieser ergriff die Hand und zog sich langsam hoch. Mit wackeligen Beinen stand er aufrecht und fing an sich den Schnee von der Uniform zu klopfen.
"
Sie können mit ihrer Arbeit anfangen!", sagte der eine Polizist mit leicht erhobener Stimme. Die beiden Rauchen liessen ihre Kippen fallen und wandten sich schweigend zum Fahrzeug um. Einer von den Beiden öffnete die Hecktür. Mit einem geübten Griff zog er eine lange Metallkiste heraus. Der andere Schritt um ihn herum und stellte dabei seinen Kragen hoch. Mit beiden Händen packte er an die Metallbügel, welche links und rechts angebracht waren. Sein Kollege tat es ihm gleich. Mittlerweile waren die Schneeflocken dicker geworden.

In den letzten Tagen hatte es fast ununterbrochen geschneit. Die Temperaturen kletterten meist nicht höher, als Minus Sechs Grad. In einigen Gegenden hier oben, waren kleinere Orte von der Aussenwelt regelrecht abgeschnitten. Die Meterologen sagten auch für die nächsten zwei Wochen nichts anderes als Schnee voraus. An einigen Tagen fielen sogar die Schulen aus. Einerseits kamen die Busse nicht durch oder die Heizung war in den Gebäuden ausgefallen. Für die Kinder war das ein wahres Fest. Sie konnten Schneeballschlachten machen und rodeln gehen. Für viele Menschen allerdings auch ein kampf ums Überleben. Während auf den Seen Schlittschuh gelaufen wurde, starben die Obdachlosen an Unterkühlung. Die Krankenhäuser und kommunale Anlaufstellen für Hilfsbedürftige hatten rund um die Uhr zutun.
Bisher nichts ungewöhnliches bei diesen Witterungen. Doch als an dem Morgen ein völlig aufgelöster Mann anrief, wendete sich das Blatt. Er berichtete von einer Leiche im Wald und von einer roten Spur die sich meterweit durchs Unterholz zog. Völlig aufgebracht und stotternd, berichtete er dem Beamten am Telefon von den Fund. Eingehends konnte man ihn ganz schlecht verstehen. Total aufgelöst und hektisch redend stammelte er einige Wörter bruchstückehaft ins Telefon. So war der Uniformträger gezwungen, mehrfach nachzufragen. Es dauerte schon einige Minuten bis er alles verstanden hatte. Sofort alarmierte er den in der Nähe Streife fahrenden Einsatzwagen. Zusätzlich noch die sich im Gebäude befindliche Kripo.
Bei den Strassenverhältnissen dauerte es eine gewissen Zeit, bis sie den von dem verstörten Mann genannten Platz erreicht hatten. Ohne grosse Hektik stiegen die beiden Streifenbeamten aus. Einer von den Beiden wandte sich noch an dem Ort wartenden Mann. Gerade als er ihnen die Richtung zeigte wo er den grausigen Fund gemacht hatte, hielt auch schon ein Fahrzeug der Kripo neben ihnen. Zwei in Lederjacken gekleidete Männer stiegen aus. Sie begrüßten sich mit einem Nicken. Für den Handshake war es ihnen offensichtlich zu kalt.
Mit ruhiger Stimme, nicht so hektisch wie noch vor einigen Minuten am Telefon, berichtete der Mann in kurzen Worten die Geschenisse. Als er geendet hatte, setzten sich die vier Männer in Bewegung. Mit holprigen Schritten gingen sie in das Unterholz. Sie brauchten nicht weit zugehen. Dann sahen sie schon die ersten roten Flecken, welche sich durch den Schnee drückten. Seit ein paar Stunden hatte es auch mal aufgehört zu schneien. Die Kripobeamten hockten sich hin und tippten auf einen Fleck. In ihren Blicken herrschte eine deutliche Klarheit.
Es war keine Farbe, sondern Blut.

Die beiden Männer stapften mit dem Metallsarg los. Einer der beiden Polizisten sagte noch etwas, doch reagierten sie nicht darauf. In den ganzen Jahren zuvor waren sie beide ein eingespieltes Team geworden. Langsam stapften sie durch das eingeschneite Unterholz. Die dicken Flocken klebten an ihrer Kleidung. Vor ihnen breitete sich eine schwach sichtbare rote Spur aus. Die herunterfallenden Schneeflocken hatten schon einen großen Teil davon verdeckt. In einer Stunde würde man davon wahrscheinlich nichts mehr sehen können. Mit festen Griffen am Sarg kletterten sie über hervorstehendes Geäst. Der ein oder andere Fluch rutschte ihnen dabei über die Lippen. Aber ihre Hände lösten sich nicht von den Griffen.
Sie folgten stur der immer schwächer werdenen roten Spur. Bis auf wenige Stellen war sie noch relativ gut zusehen. Dort musste sie wohl anfänglich sehr dick gewesen sein. Nur langsam kamen sie voran. Wie weit mussten sie wohl noch so stapfen? Sie dachten dabei schon beide an den ebenso schwierigen Rückweg. Dieser würde allerdings aufgrund des höheren Gewichts noch strapzierter. Den Metallsarg einfach hinter sich herziehen, war ja auch nicht möglich. Überall schauten Äste hervor oder waren Wurzeln unter dem Schnee, an dem der Sarg hätte hängenbleiben können. So mühten sie sich weiter.
Immer dicker wurden die Flocken. Jedoch hatte der Wind etwas nachgelassen. Die Kälte zog in ihre Kleidung. So vergingen die Sekunden. Für sie fühlten es sich wie Minuten an. Nach gemessenen acht und gefühlten dreißig Minuten hatten sie das Ziel, die beiden Kripobeamten, erreicht. Sie sahen aus wie Schneemännern. Auch auf dem Sarg hatte sich eine leichte Schneeschicht gebildet. Vorsicht stellten sie ihn ab. Man begrüßte sich wieder mit einem Kopfnicken. Einer der beiden Leichentransportierer bückte sich und öffnete die Schnappschlösser am Sarg. Danach schaute er zu den Beamten herüber. Einer von den beiden war mit fotografieren beschäftigt während der andere sich notizen machte. Im Schneeboden steckten kleiner Plastikschilder. Auf ihnen waren Zahlen zusehen. Beim näheren betrachten, konnte man feststellen, das sie Blutspuren markierten. An einer Stelle war sie sogar sehr massiv. Eine richtige Lache mußte das gewesen sein. Der Schneefall hatte sie, so wie die vorderen Spuren im Wald, nicht verdecken können. Ein roter Schein leuchtete neben einer am Boden liegenden Person. Sie lag mit dem Gesicht zum Himmel. Ihre Arme waren rechwinkelig vom Körper gestreckt. Es war ein blonder Mann. Seine Augen waren geöffnet so als würde er sich den Himmel anschauen. Die Kleidung, man konnte sie wieder etwas besser sehen, weil einer der Beamten den Schnee entfernt hatte, entsprach mehr dem Sommer.
Beide Sargträger schritten näher zu der Leiche hin. An den Handgelenken konnte man deutliche Einschnitte sehen. Gefrorenes Blut klebte dort. Der fotografierende Kripomann nickte und deutete somit an, das man die Leiche schon antfernen konnte. Seine Arbeit war getan, während sein Partner noch fleißig am Schreiben war. Plötzlich hielt dieser inne.
Im Schneegestöber an einem Baum keine 50 Meter entfernt stand eine Gestalt. Sie bewegte sich nicht. Stand völlig regungslos. Anhand der Umrisse musste es sich um einen Mann handeln. Bei dieser Witterung machte es keinen Sinn "Stehen bleiben" zu schreien. Die Worte würden vom Schnee teilweise verschluckt werden. So schaute er zu seinem Partner herüber um ihm seine Entdeckung zu signalisieren. Dieser war allerdings gerade dabei seine Kamera zu verstauen und achtete nicht auf ihn. Kurzerhand beschloß er auf die Gestalt zuzugehen. Mit seiner rechten Hand öffnete er sein Holster und griff zu der Pistole. Noch ließ er sie gesichert. Langsam aber mit starkem Herzklopfen setzte der Beamte einen Fuß vor der anderen. Leise knirschten seine Schritte. Die verschneite Sicht behinderte ihn ein wenig. So ging er auch nicht gerade auf die Person zu, sondern näherte sich ihr von der rechten Seite.
Indessen hatte sein Partner die Kamera sicher eingepackt und seine Kärtchen eingesammelt, als er bemerkte das sein Kollege weg war. Sichtlich nervös drehte er den Kopf von links nach rechts. Dann sah er ihn. Keine 20 Meter hinter einem Baum stehend. Mit seinen Augen verfolgte er die Blickrichtung seines Partners. Er zuckte innerlich zusammen. Normalerweise konnte ihn nichts erschrecken. Doch eine dunkle Gestalt, die wie in einem Horrorfilm, an einem Baum gelehnt stand, ließ auch ihn erschauern. Vorallem bei diesem Mistwetter.
Instinktiv öffnete auch er seinen Holster und zog seine Pistole. Das Klicken des Sicherungsschalters konnte man nicht hören. Mit vorsichtigen Schritten bewegte er sich von links auf die Gestalt zu. Sein Partner bemerkte dieses und gab ihm Handzeichen. Es dauerte nur wenige Minuten dann waren sie beide keine 20 Meter mehr von der Person entfernt. Noch stand sie unbeweglich an derselben Stelle. In der ganzen Zeit hatte sie noch nicht einmal den Kopf bewegt. Mit der Waffe im Anschlag machten die beiden Beamten weitere 10 Meter.
Dann geschah es. In einem ruckartigen Bewegungsablauf drehte sich die Gestalt herum und lief los. Sichtlich überrascht tauschten die beiden Kripoleute Blicke aus. Einer von den beiden erhob die Hand und schoß in die Luft. Doch das interessierte die Person überhaupt nicht. Sie rannte durch das nahegelegende Gestrüpp, duckte sich unter einen herunterhängenden Ast und wäre beinahe gefallen. Mit einer auffallenden Wendigkeit fing sie sich wieder und legte noch an Geschwindigkeit zu.
An einem Baum platzte die Rinde, als dort eine Kugel einschlug. Einer der beiden Beamten hatte geschossen. Trotz seiner sonst hohen Trefferquote verfehlte er die Person nur knapp. Bei diesem Schneefall lohnte sich ein weiterer Schuss auch nicht mehr. Er blieb stehen und schrie zu seinem Kollegen herüber. Dieser hörte das rufen und hielt auch an. Mit Handzeichen zeigten sie sich an, das eine weitere Verfolgung kein gutes Mittel wäre. Anscheinend kannte sich die Gestalt hier im Wald aus. So gingen sie mit gesicherter Waffe wieder zum Leichenpfundort zurück.

Die beiden zurückgelassenen Fahrer, hatten indessen den Körper in den Sarg gelegt. Sie waren gerade dabei ihn zu verschliessen, als die beiden Beamten zurückkamen. Warum die Kripomänner wegliefen hatten sie nicht mitbekommen. Es war ihnen auch egal. Denn ihre Arbeit ging jetzt erst richtig los. Mit einer hohen Last zurück zum Leichenwagen stapfen war die Devise. Ein ungeübter hätte bestimmt grosse Probleme mit dem Gewicht des gefüllten Sarges. Doch diesen Beiden machte es nichts aus. Als wäre er noch immer leer, hebten sie ihn an und schritten langsam vorwärts. Voran gingen die beiden Beamten. Mit prüfenden Blicken lotsten sie die Träger durch das Dickicht. Dabei traten sie die am bodenliegenden Äste zur Seite oder brachen auch mal einen vom Baum ab. So kam das Vierergespann recht gut vorwärts. In einer schnelleren Zeit, als wie bei ihrer Ankunft, erreichten sie die Fahrzeuge.
Die beiden Polizisten hatten es sich inzwischen in ihrem Streifenwagen gemütlich gemacht. Vom Telefonanrufer war auch nichts mehr zusehen. Als sie die Gruppe aus dem Wald stapfen sahen, stiegen sie wieder aus. Einer der Streifenpolizisten holte einen Notizblock aus der Jacke und riss zwei Zettel ab. Diesen gab er den Kripobeamten und verabschiedete sich mit einem Handschlag. Kurze Zeit später fuhr der Einsatzwagen davon. Auch die beiden Leichenfahrer hatten es geschafft. Sie verstauten ihre Last im Fond des Wagens und verschlossen die Hecktür. Dann verabschiedeten sich die Vier voneinander und stiegen in ihre Fahrzeuge.
Als erstes fuhr der BMW der beiden Kripomänner davon. Der Leichenwagen hatte noch kleinere Probleme mit dem wenden auf der schmalen Spur. Aber auch das bekamen die routinierten Fahrer in den Griff. Ihr Ziel, war die Pathologieabteilung eines Krankenhauses in einem nahegelegenen grossen Ort in Ostfriesland. Dort sollte die Leiche obudziert werden.
Vielleicht kannte ja irgendjemand die Identität des Toten Mannes.
Der Wagen setzte sich langsam in Bewegung.

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